SpaceAge – müssen wir uns fürchten?

In Filmen begegnen wir immer wieder Szenarien von kriegerischen Außerirdischen. Aber was, wenn wir tatsächlich auf eine überlegene außerirdische Zivilisation treffen würden? Wie realistisch ist ein solcher „Krieg der Welten“?

Ob in „Independence Day“, „Krieg der Welten“, „Star Trek“ oder „Star Wars“ – die Vorstellung von aggressiven Außerirdischen ist allgegenwärtig. Diese Darstellungen schüren bei vielen Menschen die Angst vor einem Vorstoß ins All oder gar davor, durch Programme wie SETI auf uns aufmerksam zu machen. Aber ist diese Angst wirklich begründet? Müssen wir tatsächlich Auseinandersetzungen mit fremden Intelligenzen fürchten?

Die Antwort darauf ist überraschend positiv: Nein, diese Angst ist nicht realistisch. Und der Grund dafür liegt nicht einfach in der physikalischen Begrenzung durch die Lichtgeschwindigkeit, die Begegnungen mit fremden Zivilisationen eher unwahrscheinlich erscheinen lässt. Denn es ist keineswegs sicher, dass diese Grenze für immer unüberwindbar bleibt. Die Science-Fiction-Literatur bietet viele kreative Ansätze, und wer weiß, was die Zukunft bereithält.

Der eigentliche Grund, warum wir uns nicht fürchten müssen, liegt tiefer: Raumfahrt ist kein Unterfangen, das ein Einzelwesen bewältigen kann. Es erfordert die Zusammenarbeit einer ganzen Gesellschaft. Anders als eine Expedition nach Indien in vergangenen Zeiten, ist die Eroberung des Weltraums kein einfacher Ausflug. Sie ist vielmehr mit dem langsamen Wachstum einer Pflanze vergleichbar, die tief im Ökosystem der Erde verwurzelt ist. Die ersten Schritte sind Raumstationen und Versorgungsschiffe – der Mensch wächst allmählich in den Weltraum hinein.

Diese Entwicklung kann nur als globale Gesellschaft erfolgreich sein, nicht als Ansammlung konkurrierender Nationen und Kulturen. Jede Gesellschaft basiert auf Arbeitsteilung, die wiederum auf Kommunikation und Empathie gründet. Empathie ist die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, die mit unserer sozialen Entwicklung wächst. Ursprünglich auf die engste Familie beschränkt, weitet sie sich mit zunehmender geistiger Reife auf immer größere Gruppen aus.

Doch die moderne Technologie hat die Notwendigkeit zur Kooperation verstärkt. Feindschaften gefährden unser Überleben, während Zusammenarbeit unsere einzige Chance ist, zu einer raumfahrenden Zivilisation zu werden. Solange wir soziale Ungerechtigkeiten nicht überwinden und unsere Ressourcen nicht nachhaltig nutzen, werden wir immer wieder in Konflikte verstrickt sein, die uns daran hindern, die Sterne zu erreichen. Und solange wir nicht lernen, auch Tieren ein bewusstes Innenleben zuzugestehen, wird es uns schwerfallen, eine solche Bewusstheit bei Außerirdischen zu erkennen.

Wir stehen vor einer entscheidenden Weichenstellung: Entweder wir entwickeln uns zu einer all-empathischen Zivilisation, die Raumfahrt betreiben kann, oder wir zerstören uns selbst. Dazwischen gibt es keine Graustufen.

Ein möglicher Einwand könnte sein, dass Insektenstaaten wie Ameisen- oder Bienenkolonien ebenfalls hochorganisiert und kriegerisch sind. Doch hier gibt es einen entscheidenden Unterschied: Insektenstaaten werden von der Evolution wie Einzelwesen behandelt. Eine einzelne Ameise hat keinen individuellen Willen und keine freie Intelligenz. Diese sind jedoch notwendig, um Naturgesetze zu verstehen und Technologien zu entwickeln. Um Raumfahrt zu betreiben, benötigen wir ein Höchstmaß an persönlicher Freiheit und gleichzeitig das Verständnis für gesellschaftliche Zusammenhänge und umfassende Empathie. Insektenstaaten werden daher niemals in der Lage sein, Raumfahrt zu betreiben.

Was bedeutet das für unser Bild von Außerirdischen? Auch sie werden entweder all-mitfühlend sein, oder sie hätten den Sprung ins All nie geschafft. Dieser Prozess ist ein natürlicher Bestandteil der Evolution von Zivilisationen: So wie eine Raupe erst zum Schmetterling werden muss, um fliegen zu können, so muss eine Zivilisation friedlich und mitfühlend werden, bevor sie den Raum erobern kann.

Wenn Zivilisationen im All aufeinandertreffen, ist ein Krieg das unwahrscheinlichste Szenario. Und selbst wenn eine raumfahrende Zivilisation auf eine weniger entwickelte Gesellschaft trifft, wird ihr Verständnis so umfassend sein, dass sie jeden Kontakt vermeiden wird, um keinen Konflikt zu riskieren. Versklavung, Kolonialisierung oder Ausnutzung anderer Lebewesen sind in einem raumfahrenden Bewusstsein nicht vorstellbar. Es ist daher durchaus möglich, dass wir längst von Außerirdischen beobachtet werden, ohne etwas davon zu bemerken.

Wenn wir diese Zusammenhänge verstehen, erkennen wir auch die politischen und sozialen Vorgaben, an denen wir uns orientieren müssen, um die Menschheit reif für eine kosmische Zivilisation zu machen. Der erste Schritt dazu ist das Bekenntnis zum Weltbürgertum. Wir sind eine Menschheit.

Gerhard Höberth 2016


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