
Nein, der Begriff stammt nicht aus Star Trek und bezeichnet auch kein Einzelzimmer am Holodeck.
Holozellen sind im Evolutionären Idealismus die grundlegenden „Bausteine“ des Kosmos. Der Name setzt sich aus mehreren gedanklichen Quellen zusammen:
- dem Holon-Begriff (ursprünglich von Arthur Koestler, weiterentwickelt vor allem durch Ken Wilber),
- dem Konzept zellulärer Automaten,
- sowie der Idee der Holographie.
Darüber hinaus bestehen enge inhaltliche Verwandtschaften zu den Monaden von Gottfried Wilhelm Leibniz, zu den Events bei Alfred North Whitehead und zu den Dharmas des Buddhismus. Trotz dieser Nähe gibt es jedoch klare begriffliche Unterschiede, auf die weiter unten eingegangen wird.
Gemeinsamkeiten
Holon
Wie beim Holon-Konzept besteht die Wirklichkeit vollständig aus Holozellen. In diesem Sinn sind Holozellen mit Holonen identisch:
Jede Holozelle ist zugleich Ganzheit und Teil – sie setzt sich aus Untereinheiten zusammen und ist selbst Bestandteil einer übergeordneten Ganzheit. Der Kosmos erscheint so als hierarchisches Gefüge ineinander verschachtelter Holozellen.
Zelluläre Automaten
Die Gemeinsamkeit mit zellulären Automaten liegt darin, dass sich zukünftige Zustände aus gegenwärtigen Zuständen ergeben – sowohl aus dem eigenen Zustand als auch aus den Zuständen benachbarter Einheiten und deren Wechselwirkungen.
Durch diese lokalen Beeinflussungen weben Holozellen Raum und lineare Zeit und erzeugen die kausalen Zusammenhänge, die wir als Naturgesetze erleben.
Holographie
In der Holographie enthält jeder Bildpunkt das gesamte Bild – allerdings jeweils aus einer spezifischen Perspektive.
Entsprechend ist jede Holozelle der ganze Kosmos, jedoch gesehen aus einer individuellen raumzeitlichen Perspektive.
Monaden
Wie die Monaden sind Holozellen subjektive Einheiten mit einer eigenen Sicht auf die Welt. Sie spiegeln den Kosmos aus dieser je einzigartigen Perspektive wider.
Events und buddhistische Dharmas
Sowohl Whiteheads Events als auch die buddhistischen Dharmas bezeichnen die nicht weiter reduzierbaren Grundelemente der Erfahrungswelt. Es handelt sich um subjektive „Atome“ der Phänomenologie – nicht stofflich, nicht dauerhaft, sondern momenthaft aufleuchtend und sofort wieder vergehend.
Das Universum erscheint hier als permanenter Strom solcher Ereignisse.
Die Gemeinsamkeit mit der Holozelle liegt darin, dass alles Existierende aus solchen elementaren Erfahrungen aufgebaut ist.
Unterschiede
Holon
Im Unterschied zum Holon ist die Holozelle kein wirklicher Teil im ontologischen Sinn. Ihre „Teilhaftigkeit“ entsteht allein durch eine subjektive Einteilung der Wirklichkeit.
Die Holozelle ist stets der gesamte phänomenale Kosmos, der jedoch in vier Perspektivbereiche gegliedert wird:
- vergangenes Ich
- zukünftiges Ich
- vergangene Außenwelt
- zukünftige Außenwelt
Diese einmalige Perspektivstruktur begründet die Individualität jeder Holozelle. Hierarchien entstehen dadurch, dass andere Holozellen entweder dem Bereich „Ich“ oder dem Bereich „Rest der Welt“ zugeordnet werden.
Zelluläre Automaten
Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass die Zustände und Einflüsse bei Holozellen keine physikalischen oder mathematischen Größen, sondern Erfahrungen und Bedeutungen sind.
Ein identischer äußerer Einfluss kann daher völlig unterschiedliche Wirkungen entfalten – abhängig davon, wie der innere Zustand der jeweiligen Holozelle diesen Einfluss interpretiert.
Holographie
Während die Pixel eines holographischen Bildes voneinander unterschieden werden müssen, sind alle Holozellen identisch. Sie unterscheiden sich nicht substantiell, sondern ausschließlich durch ihre jeweilige subjektive Perspektive.
Monaden
Im Gegensatz zu Monaden sind Holozellen nicht ewig und unveränderlich.
Sie entstehen als elementare Ereignisse und enden in der Alleinheit Gottes. Dazwischen durchlaufen sie eine evolutionäre Metamorphose.
Events und buddhistische Dharmas
Events und Dharmas besitzen keine hierarchische Organisation – sie strömen einfach dahin.
Holozellen hingegen können komplexe hierarchische Strukturen ausbilden. Nur auf der untersten Ebene sind sie mit Events und Dharmas identisch. Darüber hinaus stellen Events und Dharmas leblose Geschehnisse dar, während die Holozelle eine lebendige, seelische Einheit ist.
Holozellen und Kosmos
Holozellen konstituieren den Kosmos.
Eine Holozelle ist zugleich Projektor und Projektion: Einerseits ist sie nichts anderes als eine Projektion des Kosmos, andererseits ist der Kosmos selbst nichts anderes als der Konsens aller Projektionen – also der Erwartungshaltungen – aller Holozellen.
Der Kosmos ist damit eine sich selbst organisierende Bedeutungsprojektion.
Die hierarchische Gliederung der Holozellen (z. B. Subparton → Parton → Brane → String → Quark → Proton → Atom → Molekül → Zelle → Organismus → …) ist gleichzeitig Ausdruck
- einer zeitlichen Gliederung,
- einer zunehmenden Komplexität,
- des Zeitpfeils,
- einer Bewusstseinssteigerung,
- einer Zunahme der Freiheitsgrade.
Ein wichtiger Hinweis
Auch wenn die Erwartungshaltung der menschlichen Holozelle den Kosmos mit-konstituiert, bedeutet dies nicht, dass wir uns unsere Wirklichkeit beliebig „herbeiträumen“ könnten – wie es im Positiven Denken oft suggeriert wird.
Die Freiheit der Wirklichkeitsgestaltung ist eng begrenzt durch die Projektionen jener Holozellen, die in der Hierarchie unterhalb des Menschen liegen und aus denen sich die menschliche Holozelle überhaupt erst zusammensetzt. Dieser Zusammenhang wird im Abschnitt Freiheit und Notwendigkeit weiter ausgeführt.
In Geburt und Tod erleben Holozellen eine Drehung der Raum-Zeit-Interpretation. Dieser Vorgang – der Infospin – webt den Stoff der physikalischen Raumzeit selbst.
Gerhard Höberth, 18. 4. 2016

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